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Also bleibt dran!

Euer Daniel Seelig

Daniel Seelig-  Blog

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Alle Jahre wieder…

…kommt das Märchen von den verschwundenen Weihnachtsmärkten.

Seit 2013 die Flüchtlingswelle auf uns zugekommen ist und sich die AfD und PEGIDA gegründet haben, kommt es jedes Jahr aufs neue zu der Behauptung, es würden reihenweise Weihnachtsmärkte umbenannt werden, um sich den Migranten anuzpassen.

2014 war es vor allem der Kreuzberger Wintermarkt, damals ganz neu und letztendlich eine einmalige Veranstaltung, der im Fokus der Geschichte stand. Seitdem werden immer wieder neue Wintermärkte, Lichtermärkte oder sonstige Märkte ausgegraben, die es wagen im November oder Dezember nicht den Namen Weihnachtsmarkt zu tragen. Es wird davon gesprochen, dass Deutschland seine Traditionen aufgebe und sich irgendwie an die Minderheit der Muslime anbiedere, die wohl ein Problem mit Weihnachten hätten, wobei dies natürlich nur auf radikale Muslime zutreffe, die man eigentlich sowieso nicht hier haben wolle und dass die Städte sich schämen sollten, die guten alten Weihnachtsmärkte so verschwinden zu lassen. Dabei lassen die Wutbürger jedoch völlig außer acht, dass diese Märkte teilweise schon sehr lange nicht mehr Weihnachtsmarkt heißen oder gar noch nie so geheißen haben. Der älteste Weihnachtsmarkt Deutschlands heißt seit 583 Jahren Striezelmarkt, warum nur?

Sehr schön war hier ein Plakat von PEGIDA zu betrachten, auf dem es ernsthaft hieß:

„Weihnachtsmärkte gab es bei uns schon, bevor es Weihnachten gab!“

Wahr ist: Wintermärkte gab es schon, bevor es Weihnachtsmärkte gab!

Diese Aussage ist natürlich falsch. Bevor die Christen Weihnachten gefeiert haben, konnte es selbstverständlich keine Weihnachtsmärkte geben. Diese Aussage zeigt aber auch deutlich, wie verbohrt die Wutbürger von PEGIDA und Co. tatsächlich sind und wie groß hier eine Empörung wegen Nichts inszeniert wird.

Seit dem frühen Mittelalter hielten Menschen regelmäßig Märkte ab (wobei es noch ältere Märkte gibt). Damals gab es eine strenge Marktordnung, das Marktrecht hatten grundsätzlich nur Städte und vom Landesfürsten erhobene Marktgemeinden oder Marktflecken (bis heute werden in Bayern Großgemeinden mit guter Infrastruktur zum Markt erhoben, in Norddeutschland zum Flecken, wobei das heute nichts mehr mit einem besonderen Marktrecht zu tun hat, heute darf in jeder Kleinstgemeinde ein Markt abgehalten werden). Für die Marktgemeinden war der Wochenmarkt wichtig, da sie meist zu groß und zu sehr auf das Handwerk ausgerichtet waren, um ihre Bevölkerung selbst mit den nötigen Lebensmitteln zu versorgen. Diese wurden dann von den Bauern aus der Umgebung auf dem Markt angeboten.

In den noch etwas größeren Städten (so richtige Großstädte waren damals ja eher selten), wurden sogar täglich Märkte abgehalten, um die Versorgung der Bevölkerung aus der Stadt und dem Umland sicherzustellen. Auch gab es hier zahlreiche Fachmärkte, wie etwa einen Viehmarkt, schon damals boten teilweise Händler aus aller Welt ihre Waren an. Durch die Stadtmauern waren die Märkte hier besonders gut vor Überfällen von umherziehenden Räuberbanden geschützt.

Auch damals gab es schon Jahreszeitenmärkte, auf denen besondere Waren für die jeweiligen Jahresabschnitte angeboten wurden:

Einen Frühjahrsmarkt,

einen Sommermarkt,

einen Herbstmarkt und

einen Wintermarkt!

Bis heute gibt es in vielen Städten einen Frühjahrs- und Herbstmarkt, wenngleich sie heute vielerorts (wie auch in Landshut) als besondere Attraktion in die verkaufsoffenen Sonntage in der Innenstadt eingebunden sind.

Die Sommermärkte gingen in den großen Sommerfesten auf.

Aus den Wintermärkten wurden meist Weihnachtsmärkte.

Erst seit dem 14. Jahrhundert kam in Deutschland die Tradition auf, im Winter Märkte abzuhalten, auf denen besondere Waren für Weihnachten angeboten wurden. Zunächst wurde dazu in den meisten Orten das Sortiment der klassischen Wintermärkte erweitert (die weiter Wintermarkt hießen). 1310 wird in München erstmals ein Nikolausmarkt erwähnt. Später kamen immer mehr besondere Weihnachtsmärkte hinzu, die auch nach und nach die Wintermärkte ersetzten. Dennoch hießen die wenigsten von ihnen tatsächlich Weihnachtsmarkt, sie waren viel mehr nach den Waren benannt, die dort vornehmlich angeboten wurden:

Krippenmarkt/Kripperlmarkt

Striezelmarkt

Printenmarkt

Denn anfänglich waren die Weihnachtsmärkte als besonderes Privileg für die Zuckerbäcker, Krippenbauer und Spielzeugmacher eingeführt worden, die um die Weihnachtszeit ihre Waren auf einem besonderen Markt anbieten durften. So heißt auch der älteste heute noch existierende Weihnachtsmarkt in Deutschland eben nicht Weihnachtsmarkt sondern Striezelmarkt.

Übrigens war die Adventszeit im Mittelalter eine Fastenzeit und die Bescherung der Kinder fand bis zur Reformation meist nicht am Heiligen Abend sondern schon am Nikolaustag statt. So gab es eine ganze Menge unterschiedlicher, nur kurz dauernde, Winter- und Weihnachtsmärkte. Rund um den Nikolaustag gab es Spielzeug- und Krippenmärkte um sich auf die Weihnachtszeit einzustimmen und letzte Geschenke für die Kinder einzukaufen. Die Märkte für den weihnachtlichen Einkauf fanden erst kurz vor Weihnachten statt und boten Fleisch und Backwaren und vereinzelt Krippen und Dekorationsartikel an. Erst sehr viel später wurden sie auf die ganze Adventszeit ausgeweitet und boten das volle Sortiment an. Von da an hießen sie Adventsmarkt oder Weihnachtsmarkt.

Mit der Reformation gesellte sich, die von Martin Luther geschaffene Symbolfigur, das Christkind dazu. So bekamen einige Märkte den Namen Christkindlmarkt oder Christkindlesmarkt.

Bis in die 1950er Jahre waren Weihnachtsmärkte auf größere Städte und Gemeinden beschränkt. In einigen Orten, wie in Landshut, waren gar die traditionellen Weihnachtsmärkte aus dem Mittelalter, komplett vergessen. Erst seitdem sich Mittelstädte wie Landshut entschlossen haben, ihre Weihnachtsmärkte wieder zu beleben, kommen immer mehr dazu, selbst in noch so kleinen Gemeinden oder in einzelnen Stadtteilen von Mittelstädten und kleinen Großstädten (wo man meinen würde, ein zentraler Weihnachtsmarkt reicht aus). Und: Die deutsche Erfindung „Weihnachtsmarkt“ geht um die Welt. Selbst in nicht christlichen Ländern, die eigentlich gar kein Weihnachten feiern.

Mit Tradition hat das ganze dabei wenig zu tun, eher mit Kommerz.

Besonders auf den großen Weihnachtsmärkten und insbesondere auf ausländischen Weihnachtsmärkten ohne christlichen Bezug ist kaum noch etwas von einem Handwerksmarkt zu spüren, angeboten wird meist der gleiche Kitsch (oftmals made in China), den die Leute auch im nächsten Kaufhaus bekommen würden, meist sogar billiger.

Hat es nun also mit deutscher Tradition zu tun, dass alle Märkte, die im Winter veranstaltet werden, Weihnachtsmärkte heißen?

Mitnichten, sonst könnte ich ja auch einen Weihnachtsmarkt anmelden, auf dem ich nur Barbiepuppen mit Kopftuch verkaufe. Da wäre der Aufstand der Pegida-Wutbürger dann aber wahrscheinlich groß.

Viele Städte haben deshalb, eine teils noch auf das Mittelalter zurückgehende, strenge Marktordnung. Diese kann mitunter auch Märkte treffen, die wir zwar eigentlich als Weihnachtsmärkte ansehen, die sich aber eben nicht so nennen dürfen, weil sie nicht den Kriterien entsprechen.

Zumeist ist der Begriff Christkindl- bzw. Christkindlesmarkt marketingrechtlich geschützt. Er darf also nur für den vom jeweiligen Marktamt selbst veranstalten Weihnachtsmarkt verwendet werden. Advents- oder Weihnachtsmarkt dürfen sich wiederum nur Märkte nennen, die zwischen dem ersten Adventswochenende (also Freitag vor dem ersten Advent als erster voller Markttag, Eröffnung darf bereits am Donnerstagabend stattfinden) und dem vom Marktamt festgesetzten Schlussdatum (zumeist 24. Dezember, teilweise 26. Dezember für Weihnachtsmärkte selten der 6. Januar) stattfinden und ein entsprechend weihnachtliches Sortiment anbieten.

Beginnt ein Weihnachtsmarkt bereits vor dem ersten Adventswochenende oder endet erst nach dem spätesten Termin oder ist das Angebot nach Ansicht des Marktamtes nicht weihnachtlich genug, so darf sich der Markt nicht Weihnachts- oder Adventsmarkt nennen, sondern muss eben auf Wintermarkt oder eine andere Bezeichnung zurückgreifen. Sicher sind nicht alle Marktämter besonders streng bei der Auslegung, manche aber eben schon.

So heißt der Weihnachtsmarkt am Flughafen München eben Wintermarkt.

So wurde der Weihnachtsmarkt auf der Burg Trausnitz in Landshut in den letzten Jahren ganz ohne jede Aufregung, zweimal umbenannt. Ursprünglich vom Nachbarschaftsverein Landshut-Berg abgehalten, hieß er einfach nur Weihnachtsmarkt auf der Burg Trausnitz. Weil der Aufwand immer größer wurde, wechselte der Veranstalter. Die LOCO Veranstaltungs-GmbH aus Simbach am Inn, die bereits das Gartenfestival auf der Burg Trausnitz übernommen hatte, wechselte das Konzept in einen vorweihnachtlichen Verkaufsmarkt, der schon Anfang/Mitte November stattfand und damit vor dem ersten Advent. In Anlehnung an die Gartenausstellungen der LOCO GmbH, die Gartenlust heißen, wurde der Markt in Winterlust umbenannt. Nachdem das Konzept mittelprächtig ankam, wurde es ein paar Jahre später erneut auf einen (fast) klassischen Adventsmarkt umgestellt und heißt nun Burgweihnacht, wobei der Name Winterlust immer noch gebräuchlich ist.

Natürlich gibt es auch einige Weihnachtsmärkte, die ohne große Not umbenannt werden, um sich von anderen Märkten abzuheben.

Letztendlich wird dadurch, dass sich nicht jeder im Dezember stattfindende Markt auch Weihnachtsmarkt nennen darf, aber Tradition bewahrt und nicht zerstört!

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